top of page

UNITY IS STRENGTH

OWNERS

BEING ACTIVE TOGETHER FOR OUR HOUSE.

Quelle: Fachhochschul-Studiengang Immobilienwirtschaft
WOHNUNGSEIGENTUMSRECHTLICHE GRUNDLAGEN

Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft

Abgrenzung Beschluss
Vereinbarung sämtlicher Wohnungseigentümer

Die Willensbildung beinhaltet als umfassender Begriff die Beschlussfassung und die Vereinbarungen sämtlicher Wohnungseigentümer und ist Voraussetzung für deren wirksames Zustandekommen. „Ein Beschluss im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes ist die Willensübereinstimmung mehrerer ... Wohnungseigentümer als äußerlich erkennbares Zeichen einen Konsens über ein bestimmtes, mit der Verwaltung der Liegenschaft in Zusammenhang stehendes Thema (zu erzielen).“


Beschlüsse sind eine besondere Art von mehrseitigen Rechtsgeschäften. Sie sind das Ergebnis der Willensbildung von Personenverbänden, die durch Erklärung der Mitglieder zustande kommen. „Im Gegensatz zum Vertrag , der nur die Vertragspartner bindet, ist der Beschluss auch für Mitglieder verbindlich, die – trotz ordnungsgemäßer Ladung – nicht an der Beschlussfassung teilgenommen oder dagegen gestimmt haben.“


Für das bloße Zustandekommen der Beschlüsse genügt somit bereits die positive Willenserklärung der Anteilsmehrheit, rechtswirksam ist ein Beschluss erst dann, wenn allen Wohnungseigentümern Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde.
Das WEG 2002 fordert grundsätzlich keine einstimmigen Beschlüsse, lediglich Angelegenheiten die über Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung (§ 29 WEG 2002) hinausgehen bedürfen analog den §§ 834 und 835 ABGB der Einstimmigkeit. Hingegen entscheidet über Verwaltungshandlungen immer die Anteilsmehrheit der Wohnungseigentümer. Folglich werden Beschlüsse ausschließlich zu Themen der Liegenschaftsverwaltung gefasst.


Hievon zu unterscheiden sind die Vereinbarungen sämtlicher Wohnungseigentümer, die das WEG 2002 für das rechtswirksame Zustandekommen von Benützungsregelungen (§ 17), einer Gemeinschaftsordnung (§ 26) sowie bei der Festsetzung eines abweichenden Aufteilungsschlüssel (§ 32 Abs. 2) und der abweichenden Verteilung der Erträgnisse (§ 33 Abs. 3) fordert. Diese Vereinbarungen sind wie die Beschlüsse mehrseitige Rechtsgeschäfte, die durch die positiven, übereinstimmenden Willenserklärungen aller Wohnungseigentümer zustande kommen. Rechtswirksam und für etwaige Rechtsnachfolger bindend - unabhängig einer Ersichtlichmachung im Grundbuch - sind sie erst dann, wenn die positive Zustimmung aller Wohnungseigentümer schriftlich erfolgt.

Abbildung: Abgrenzung Beschluss-Vereinbarung aller WE
table.png
Willensbildung

Beschluss

Vereinbarung sämtl.WE

positive Willenserklärung d. Anteilsmehrheit

positive Willenserklärung aller WE

Verwaltungsangelegenheiten: ordentl. & außerordentliche Verwaltungsmaßnahmen §§ 28,29 Vorläufige Benützungsregelung § 17 Abs. 2 Abgehen vom 2-Jahresintervall der Eigentümerversammlung § 25 Abs. 1 verbrauchsabhängige Aufteilung d.Aufwendungen § 32 Abs. 3

Gelegenheit aller WE zur Äußerung u. Stimmabgabe gem. § 24 Abs.1 keine Formvorschriften kein formeller od.inhaltlicher Mangel kein Fehlen d. Anteilsmehrheit

schriftliche Vereinbarung, kein Verstoß gg. zwingende Grundsätze d.WEG

Benützungsregelung § 17 Gemeinschaftsordnung § 26 abweichender Aufteilungsschlüssel § 32 Abs. 2 abweichende Verteilung d.Erträgnisse § 33 Abs. 3

Zustande -kommen

Rechts -
wirksamkeit

Gegenstand

Quelle: §§ 17;24; 25;26; 28,29;32,33 WEG 2002

Äußerungs- und Stimmrecht

Auch dem Wohnungseigentumsbewerber (WE-Bewerber), zu dessen Gunsten die Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum im Grundbuch bereits
 
eingetragen ist, verfügt unter der Voraussetzung, dass zumindest ein WE-Bewerber bereits Miteigentum erworben hat, über ein Stimmrecht in Verwaltungsangelegenheiten. (§ 37 Abs. 5 WEG 2002)
Der Wohnungseigentümer kann sein Stimmrecht persönlich ausüben, oder dieses einem Vertreter übertragen und ihm hiezu schriftlich Vollmacht erteilen. Das Äußerungs- und Stimmrecht kann vertraglich nicht beschränkt werden. (§ 24 Abs. 7 WEG 2002)

Berechnung der Stimmen

Im Wohnungseigentum berechnet sich die Mehrheit nicht nach der Anzahl der Personen „Köpfen“ (Nach Köpfen berechnet sich die Mehrheit der WE-Bewerber gem. § 41 Abs. 2 (Zustimmung zur Nachfinanzierung) u. § 44 WEG 2002 (Fortsetzung der Bauführung bei Insolvenz).), sondern nach dem Verhältnis sämtlicher Miteigentumsanteile ( § 24 Abs. 4 WEG 2002; § 833 ABGB) nach dem Grundbuchsstand zum Beschlusszeitpunkt.


„Die Abstimmungseinheit ist grundsätzlich mit der Liegenschaft identisch.“ Durchbrochen wird dieses Prinzip nur dann, wenn sämtliche Eigentümer schriftlich abweichende Abstimmungseinheiten (§ 32 Abs. 2 WEG 2002) bezüglich bestimmter Liegenschafts- aufwendungen vereinbaren oder wenn ein Wohnungseigentümer bei einer konkreten Abstimmung gem. § 24 Abs. 3 WEG 2002 vom Stimmrecht ausgeschlossen ist.


Die Mehrheit muss absolut sein, d.h. die Wohnungseigentümer, welche mehr als 50 % der grundbücherlichen Anteile halten, müssen einer Maßnahme zustimmen, damit ein (einfacher) Mehrheitsbeschluss zustande kommt. Die Stimmen jener Eigentümer, die sich nicht aktiv am Willensbildungsprozess beteiligen, zählen zu den Nein-Stimmen. Wenn sich mehr als die Hälfte der Eigentümer gegen einen Beschlussgegenstand ausspricht, liegt ein negativer Beschluss vor. Sollte der in der Praxis seltene Fall der Stimmengleichheit vorliegen, kann jeder Eigentümer die Entscheidung des Gerichts begehren (§ 24 Abs. 4  2. Satz WEG 2002).

Stellvertretung

Die Wohnungseigentümer können ihr Äußerungs- und Stimmrecht entweder persönlich oder durch einen Vertreter ausüben ( § 24 Abs. 2  1. Satz WEG 2002). Der Vertreter muss um rechtswirksam zu handeln mit einer höchstens drei Jahre alten schriftlichen Gattungsvollmacht iSd. § 1008 ABGB „…gerichtet auf die Ausübung der Mitwirkungsrechte in der Eigentümergemeinschaft“, ausgestattet sein. Auch der Eigentümerpartner muss eine solche Vollmacht nachweisen, will er den anderen Partner bei der Abgabe des einheitlichen Stimmrechts vertreten.


Fehlt diese schriftliche Vollmacht oder ist sie mangelhaft, kann der vertretene Wohnungseigentümer das Handeln des Vertreters binnen vierzehn Tagen schriftlich genehmigen. Widrigenfalls ist diese Stimme als Zustimmung zum Beschlussgegenstand nicht zu berücksichtigen und ist der Verwalter bei Fehlen der erforderlichen Mehrheit nach begonnener Abstimmung in einer Eigentümerversammlung zur additiven Einholung der Stimmen gem. § 25 Abs. 3 WEG 2002 verpflichtet.


Die Bestimmung des § 24 Abs. 2 2.Satz konkurriert mitunter mit jener des § 25 Abs. 3 WEG 2002. Diese verpflichtet den Verwalter zugleich mit der Bekanntmachung der Niederschrift, nicht wirksam bei der Eigentümerversammlung vertretene Eigentümer unter Fristsetzung zur Stimmabgabe aufzufordern. Folglich steht dem Eigentümer die Stimmabgabe aus eigenem noch offen, selbst wenn die o.a. vierzehntägige Frist zur Genehmigung bereits verstrichen ist.


Der Stellvertretung kommt vor allem bei der Beschlussfassung in Eigentümerversammlungen Bedeutung zu, diese ist jedoch auch für ortsabwesende Eigentümer bei der Abstimmung im Umlaufverfahren denkbar. Ein Widerruf derVollmacht ist jederzeit möglich und unverzüglich dem Verwalter zur Kenntnis zu bringen.

Ausschluss vom Stimmrecht

§ 24 Abs. 3 WEG 2002 normiert: Ist Gegenstand der beabsichtigten Beschlussfassung ein Rechtsgeschäft, Rechtsverhältnis oder Rechtsstreit mit einem Wohnungseigentümer oder mit einer Person, mit der dieser durch ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis (Die Bestimmung nimmt Bezug auf § 6 Abs. 4 MaklerG und findet sich auch in § 20 Abs. 4 WEG  2002.) verbunden ist, so steht diesem Wohnungseigentümer kein Stimmrecht zu.


„Der Ausschluss vom Stimmrecht ist nicht gleichzusetzen mit dem Ausschluss von der Willensbildung der Eigentümergemeinschaft.“ Dem betroffenen Eigentümer muss die Gelegenheit zur Äußerung sowie die Teilnahme an der Beratung und Diskussion in der Eigentümerversammlung jedenfalls ermöglicht werden. Ein Ausschluss hievon würde einen Mangel78 iSd. § 24 Abs. 1 WEG 2002 bedeuten mit der Folge, dass der Beschluss nicht rechtswirksam ist.


Der Miteigentumsanteil des ausgeschlossenen Wohnungseigentümers wird bei der Berechnung der Stimmen nicht berücksichtigt und „…die Übrigen (bilden) für die konkrete Abstimmung eine eigene Abstimmungseinheit.“


Für den Verwalter ist es oftmals schwierig zu beurteilen, ob bei einem konkreten Beschlussgegenstand ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis vorliegt. „In Grenzfällen ist es zweckmäßig die Stimmen einmal mit und einmal ohne den möglicherweise Ausgeschlossenen zu zählen“ , u.U. führen beide Ergebnisse zu einem Mehrheitsbeschluss. Der Wohnungseigentümer ist verpflichtet ein derartiges Naheverhältnis offen zu legen, so dieses nicht bekannt ist.

Ein familiäres Naheverhältnis besteht bei geradlinig Verwandten (Ehegatten, Kindern, Eltern, Geschwistern, etc.) aber auch zu Lebensgefährten. Wirtschaftliche Naheverhältnisse ergeben sich nicht nur durch unternehmensrechtliche Verflechtungen, sondern mitunter auch bei durch Arbeits- oder Werkvertrag miteinander verbundenen Personen. (vgl. ILLEDITS (2002): 179; OGH 25.11.2003, 5 Ob 246/03t Stimmrechtsausschluss anlässlich einer Verwalterkündigung)


Beispiele für einen etwaigen Stimmrechtsausschluss:

  • Abschluss eines Werkvertrags mit einem Wohnungseigentümer (oder eines Unternehmens, an welchem der betreffende WE maßgeblich beteiligt ist) über Instandhaltungsarbeiten am Gebäude.

  • Bestellung eines Wohnungseigentümers (eines Familienangehörigen) zum Verwalter der Liegenschaft.

  • Bestellung eines Wohnungseigentümers zum Eigentümervertreter.

Zustandekommen und rechtliche Wirksamkeit von Beschlüssen

Grundsätzlich muss zwischen dem Zustandekommen und der Rechtswirksamkeit von Beschlüssen unterschieden werden. Für das bloße Zustandekommen ist die positive Zustimmung der Anteilsmehrheit der Wohnungseigentümer zu einem Beschlussgegenstand ausreichend. Bestimmte Formerfordernisse für die Abstimmung gibt es nicht und können Beschlüsse mündlich, schriftlich, in einer Eigentümerversammlung oder auf andere Art und Weise zustande kommen.


Damit ein Beschluss rechtliche Wirkung entfaltet, sind die Bestimmungen des § 24  Abs. 1 2. Satz einzuhalten: Ein Beschluss ist (…) erst wirksam nachdem allen Wohnungseigentümern Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde. Für den Wohnungseigentümer muss gewährleistet sein, die eigenen Argumente in die Diskussion einzubringen sowie die Miteigentümer von seinem Standpunkt zu überzeugen. Verbunden mit der Gelegenheit zur Äußerung muss auch die Gelegenheit zur Stimmabgabe sein. Ob sich ein Wohnungseigentümer zu einem Beschlussgegenstand tatsächlich äußert ist unerheblich, die bloße Möglichkeit hiezu ist ausreichend. Auch der Minderheit, also jenen Eigentümern mit einer voraussichtlich chancenlosen Gegenposition, ist ausreichend Gelegenheit zur Äußerung und Stimmabgabe zu gewähren.


„Der Beschlussfassung vorausgehen muss die Information der Eigentümer über den Gegenstand, über welchen abgestimmt werden soll.“ Folglich können rechtswirksame Beschlüsse in einer Eigentümerversammlung nur zu Themen gefasst werden, die zuvor auf der Einladung (Tagesordnung) angekündigt wurden. Für den Umlaufbeschluss lässt sich ableiten, dass den Wohnungseigentümern eine angemessene Äußerungs- und Überlegungsfrist jedenfalls zu gewähren ist.


Bis zur Rechtswirksamkeit des Beschlusses, d.h. solange nicht alle Eigentümer die Möglichkeit zur Stellungnahme hatten, ist ein Wohnungseigentümer an seine abgegebene Stimme nicht gebunden. Für den Verwalter ist es daher zweckmäßig Umlaufbeschlüsse, Unterschriftenlisten, etc. den Wohnungseigentümern gleichzeitig zur Kenntnis zu bringen. Kommt trotz ordnungsgemäßer Ladung zu einer Eigentümerversammlung unter Angabe der Beschlussgegenstände keine Mehrheitsentscheidung zustande oder ist nur die Minderheit erschienen, besteht für die bei der Versammlung Anwesenden grundsätzlich keine Möglichkeit mehr zu Änderung Ihres Stimmverhalten bei einer additiven Fortsetzung der Beschlussfassung im Umlaufverfahren.


Die Rechtswirksamkeit von Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft kann im Wege der Antragstellung nach § 24 Abs. 6 WEG 2002 überprüft werden. Ein Beschluss ist auch dann nicht rechtwirksam, wenn diesem ein formeller Mangel oder Rechtswidrigkeit zugrunde liegt oder die erforderliche Mehrheit fehlt. Eine nachträgliche „Heilung“ durch Unterlassung der Anfechtung eines ursprünglich unwirksamen aber ordnungsgemäß bekannt gemachten Beschlusses ist nur bei Vorliegen eines formellen Mangels möglich ( vgl. ErläutRV zu § 24 Abs. 1 u. 6 WEG 2002). Beschlüsse über Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung können darüber hinaus nach § 29 WEG 2002 angefochten werden (siehe Kapitel 3.8.2. u. 4.3.2.). Endgültig rechtswirksam ist ein Beschluss somit erst dann, wenn die fristgerechte Anfechtung unterbleibt oder rechtskräftig scheitert (vgl. LÖCKER (2002) in HAUSMANN/VONKILCH: 41, Rz. 99 zu § 24 WEG 2002)

bottom of page